Bärstadter Kerwespruch 1947
Sie
willkommen, Tag der Freuden,
sei geprießen, Tag der
Lust!
Wie
ersehnte ich bis heute
dich, mit hoffnungsvoller Brust.
Über
tausend Jahre gingen in dem Strom der Zeit dahin,
seit man Bärstadt einst gegründet, behielt es frohen, heitren Sinn.
Laßt uns
stets danach nur streben, weiterhin wie die vor uns zu leben.
Darum
wünsche ich auch heute, Ihnen allen Vergnügen und Freude,
heiter, wie
ein Frühlingsmorgen, möge dieser Tag euch sein.
Ohne
Kummer, ohne Sorgen, lauter goldner Sonnenschein,
überall
euch nur umglänzen, Freude eure Stirn bekränzen
und aus
redlichem Bemühen, Glück und Wohlsein euch erblühen,
dass der
schöne Kirchweihtag, oft noch wiederkehren mag. – V i v a t!
Ich begrüße
euch alle, ihr lieben Gäste,
heiße euch
herzlich willkommen an unserem diesjährigen Kirchweihfeste.
Daß ihr
gekommen seid hierher, das ist uns Ehr und freut uns sehr.
Jedoch wir
wissen, ihr kommt auch gern
nach Bärstadt – von nah und aus der Fern.
Von
Wiesbaden, - Mainz und Augsburg sogar,
von Jeijeborn, Dotem und Frasto manch Paar.
Von
Eltville und Rauenthal – von Schiersta
und von Martinsthal
aus Schwalbach und weit aus dem Hinterland,
überall ist
unser guter Tanzboden bekannt.
Doch auch
von Schlangenbad, Wambach und Hausen ist alles dar,
dass Fischbach
und Hettenhain nicht fehlen dürfen ist klar!
In Bärstadt ist’s auch immer sehr schön,
da kann man
den großen Zustrom verstehen.
Im vorigen
Jahr das Kerwefest hat bewiesen,
dass wir
Feste feiern können und fröhlich genießen.
Die Kerweborsch finden meist kein End … o weh,
hoffentlich
steht der Kerwebaum dieses Jahr nit
noch im Schnee.
Schuld war
die Nachkerb, doch diesmal werd se gehalten,
darüber
freuen sich die Jungen und auch die Alten.
Ist auch die Zukunft grau und schwarz,
vergesst
die Trübsal, reißt in die Arme euern Schatz,
stürzt euch
in den Kerwetrubel!
Die Mark
verschwindet! Mer kriehe
Dollar oder Rubel!!!
Ist’s uns
auch nit einerlei, alles geht einmal vorbei.
Könnt mer jetzt auch fluche oder weinen,
einmal wird
auch uns die Sonne wieder scheinen.
Sie hat es
in diesem Sommer zu gut getan,
auch da
sind die Nazis Schuld daran.
Was werden
denn die noch alles verbrechen?
Groß sind
die Andern im Versprechen!
Sogar drei
Schiffe voll Hebammen kommen angeschwebt,
weil ganz
Deutschland in Hoffnung lebt!
Doch das
soll uns heute nicht stören,
gebt acht,
ihr sollt ja weiter hören.
Doch erst muß ich die Kehl mir schwenken,
Mundschenk,
zu den Besten einschenken! – V i v a t!
Unsere
Glocken sind wieder da,… Gloria… Halleluja!
Läuten im
Dreiklang wie einst manches Jahr.
Wäre es
doch endlich wahr, dass unsere Gefangenen kamen alle zurück,
dass gäb eine Freude, ein Jubel, ein Glück!
Wir fordern
die von Siegernationen,
Kriegsgefangene
sind keine Reparationen!
Drum gebt
Sie uns, ehe es zu spät
und ihre Gesundheit nicht ganz vergeht.
Wir können
ihnen zwar nicht viel bieten,
doch wollen
wir vereint sein, nicht geschieden.
Wir tragen
unser Unglück und halten still,
komme es
wie Gott es will.
Und einmal
wird der Herr es geben,
dass wir
wieder anständig und frei können leben. – V i v a t!
Den
Bürgermeister will ich jetzt nenne,
mer hört
wirklich nit viel auf ihn schenne.
Und wenn
ihn einmal einer verdammt,
bedenkt, er
ist noch nicht lange im Amt.
Kontrollrat
und Militärregierung lasse ihm sei Ruh.
Ich son’s eich grad wie’s ist, ist es nit
su?
In zwei Jahr’n ist schon viel geschehen,
das kann
man an dem Pumpwerk sehen.
Die
Autohall ist schon im Bau,
die
Dorfstraße ist noch etwas rau,
Schulhaus
und Radhaus haben neue Fenster und Türen bekommen
die Straßenbeleuchtung ist wieder aufgenommen,
manches Gute wird bestimmt noch vollbracht,
dafür
sorgen schon die Vertreter, die sind als brave Männer stets auf der Wacht.
Eines
Abends saß der Gemeinderat im Dunkeln.
Die Bosheit
der Menschen hat sogleich was zu munkeln.
Die
Gemeindeväter hätten nicht fleißig beraten,
sondern
tief und erquickend geschlafen.
Macht euch
nichts draus, lasst die Klatschbase schwetze,
die hawe am Beste ebbes auszusetze.
Unsern neue
Standesbeamte hawe se awer nit verlacht,
denn der
versteht sein Amt, als hät er noch nie was anneres gemacht.
Es war aach die höchste Zeit, dass mer
en jung Kraft hat gefunne,
des eine
Paar nin, - des Anner eraus, su sinn se in de Ehestand gesprunge.
Wie en
Epidemie griff um sich die Heiratswut,
ob de neie Standesbeamte denn aach baal heirate tut?
Lauter Buwe gab’s dies Jahr bei de klane
Kinder,
lag des
vielleicht am strenge Winter?
Die Ammebas ist wichtig wie’s liebe Brot
und Eile tut manchmal schrecklich not.
Kemmt se aach wie der Blitz aagefeht,
oft ist es
dann doch schon zu spät.
Die gut Fraa kimmt von Hause!
Richt euch
besser ein, dann brauch se nit su
se laufe!
Der
Gemeindediener weiß sich zu halten,
der bleibt
an der Macht, -
er ist
unentbehrlich den neuen Herrn, wie er es stets war den Alten.
Der
Gemeinderechner ist ebenso auf dem Posten,
er hält
niedrig alle Unkosten.
Doch wenn er in Zukunft die Abgabe nicht erhöht,
dann ist
des der beste Beweis, dass er was versteht.
Die Irmgard
verteilt jetzt die Bezugschei und die Raate!
Irmgard, -
ich brauch aach was, laß
mich nit waate!
Weil die
Gemeindeverwaltung in Ordnung und uff dem Damm,
ihr
Musikante spielt en Tusch, mit hellem frohem Klang! – V i v a t!
Von noch
einer schweren Geburt müsse mer verzähle.
Es war die
Gründung der freiwilligen Feuerwehr zu vernehme.
Von de Alte
hat sich keiner mehr bereit gefunne,
do sinn
dann die Junge eingesprunge.
Wie gut das
se so fleißig geübt,
im Nu do
hatte se aach Arbeit krieht,
bei der
Trockenheit brennt jo gleich alles wie Zunder,
do wurd das Oertche awwer munter.
Die
Feuerwehr kam zu Hilfe dem Mann
und zeigt, das jetzt nicht’s mehr passieren kann.
Manche mehne er het fest geschlafe,
weil ihm am
Abend die Küh fortgelaafe.
Doch nit gleich iwwer alles fluche,
de Aßmus wollt doch Pfefferminz suche!!!
Ein Brand wär wirklich e groß Malheur.
Bei dieser Hitz wär des Lösche schwer,
sagt wo kriehe mer Wasser her,
andauern
ist die Leitung leer.
Und Gott
zur Ehr – dem Nächsten zur Wehr,
ihr
Musikante en Tusch für die neu Bärstädter Feuerwehr!
– V i v a t!
Preziosa
wurde aufgeführt.
Viermal hat
es sich rentiert.
Viele
Zuschauer fanden’s unaussprechlich schön,
darum
mussten sie es zweimal, oder sogar dreimal sehen.
Auch Fassenacht war recht gelungen,
in Massen
kamen die Narren gesprungen,
zur Sitzung
und zum Maskenball,
Stimmung
war auf jeden Fall.
Erfolg hat
der Willi, drum macht er’s immer wieder draufa,
von de Kaspapiero und de Stinkahaufa.
Die Erna
sang von der Isabell und immer, immer zu,
se lässt
mich nit, se lässt mich nit,
se lässt mich nit in Ruh.
Der
gewissenhafte Maurer wwär noch zu vermelde,
er nahm
andauernd den Stein in die Hand und es war immer noch derselbe.
Dann kam
die Rheindampferfahrt, o welch ein Spaß,
als mer zurück kam, war auch daheim alles naß.
Der Erste,
der dem Willi begegnet
fragt er, mer mehnt hier hätt’s geregnet? – V i v a t!
Ist ein
Mädchen schön und hold,
ist sie so
viel wert wie Gold.
Wer sie
sich erobern kann, zeigt sich als ein ganzer Mann.
De
Extratour für „Fünfzig Mark“?
Ich glaab, es war doch etwas stark!
Es ist doch
kein Mangel an Frauen, dass du dich so hast bemüht,
ich glaube,
so ein flotter Bursch wie du, hätte se aach noch
billiger krieht.
Ganz spät
schlief er in süßer Ruh,
zwei
Freunde musste des Mädche heimtu.
– V i v a t!
Wer gesund
und stark will bleiben,
muß den
Fußballsport betreiben.
Und damit
das besser geht, muß aus dem Wege was dort noch
steht.
Hänsel und
Gretel gingen in den Wald,
und fanden
auch das Knusperhäuschen bald.
Als sie zu
viele Lebekuchen abgemacht,
was das
Häuschen nur noch bedacht.
Die Herze
trug dann sehr geschwind,
darauf die
Antwort, es war der Wind, das himmlische Kind.
Beim
Kartoffeldiebe fange muß mer
schleiche,
soinst
kann mer nit gar viel
erreiche.
Wer dann
schon von weitem freht:
“Karl was mechste?“ – do ist’s schon zu spät.
Der Herr
Flüchtlingskommissar ist wichtig,
mer brauche
Raum, mer brauche Raum, das ist sehr richtig!
Kennt mer nit die Abörtcher
zu zweien benutzen?
Nur
vorsichtig, dass se sich nicht gegenseitig beschmuten.
Mit Butter
kann man schmieren, aber auch charmutzieren.
Gestohlen
ist das gute Rad, den Heimweg laufen das is schad.
Brüderlein
und Schwesterlein, schlagt euch nit, das ist nicht
fein.
Auch nicht
bei Frauen das Pudern,
oder wenn
zu viel Milch holt die Frau …?
Mit dem
Scheunentor winken, vielleicht wird sie schlau.
Bauer
studieren und lernen von Pflanzen,
lieber nach
Wiesbaden und üben das Tanzen,.
Mir wisse
wie me se kriehe, jetzt awwer druff!
Doch noch schneller war die Wirtschaft wieder uff!
Beim
Polterns dürft ihr nit die Haustür werfe in Trümmer.
Und Geld
dazu geben, dass ist ja noch schlimmer – V i v a t!
Schaut euch
noch um, seht sie euch an,
ob man was
schöneres finden kann.
Erst haben sie sich zwar geziert,
aber vor
irgend etwas geniert,
doch nun
sind sie fast alle dabei,
die fehle,
sind nicht in de Reih,
oder fahren
mit Blumensträuß’ in die Stadt,
es kann
auch sei, die hawwe die Rotzbuwe
satt!
Kerwemädchen, lieblich und begehrenswert,
sie werden
von uns wie die Göttinnen verehrt!
Blaue
Augen, rote Wangen, da bleiben unsere Herzen hängen.
Blonde,
braune und auch schwarze,
knusprig,
schlanke, voller Rasse.
Saubere
Käferchen voll Feuer und Charm,
wie wird
einem da in der Brust so warm.
Ach wären
sie doch bloß unsere Weibchen,
wie schad,
sie sind ja nur unsere Kerwebräutchen.
In den Sternen da steht es geschrieben,
eine von
euch muß ich heute noch lieben.
Spielt ihnen zu Ehren ein inniges Stück,
sie sind
für uns lustige Lebensmusik. – V i v a t!
Geduldet
euch nur noch einen Moment,
Ich bin ja
schon fast ganz am End.
Dann spielt
unsere Musik euch die schönsten Sachen,
neues und
altes, die euch Freude machen.
So etwas
feinen habt ihr lang nimmer gehört,
dabei geht
das Tanzen wie geschmiert.
Ihr Kerweborsch, ich rat euch gut,
hängt an
die Wand euern straußgeschmückte Hut.
Benehmt
euch wie stolze Kavaliere,
tanzt
fleißig mit de herzige Kerwemädcher bis morgens um
viere.
Noch besser
bis in den hellen Dienstag hinein,
denn einmal
kann man jung nur sein!
Etwas hat
mir schon imponiert!
Alles ist
so fein frisiert.
Man merkt
den neuen Friseur im Ort.
Er wohnt
hinter dem Lindenhof, sein Schild hängt dort.
Jetzt tut nit wieder gleich hamlaafe,
es gibt
noch Kerwesprüch und Lose ze
kaafe.
Elektrokocher
und Lämpcher gewinne kann jeder mit Glück,
kaaft
Lose, und halt nit mit em
Geld zurick!
Wenn mein
Mundschenk hätte Wein in Fülle,
er hät euch all emol eingeschenkt,
dass ihr euern Dorscht kennt stille.
So aber muß ich sagen,
Mundschenk
du mein liebster Freund, tu dich selbst mal laben,
Euch allen
aber wünsche ich das Beste,
bis zum
nächsten Bärstadter Kirchweihfeste! – V i v a t